SPÖ-Antrag „Freiheit für İmamoğlu“ angenommen | Drei AKP-Bürgermeister reisen nach Wien

Von Adem Hüyük
Der im Wiener Gemeinderat diskutierte Antrag mit dem Titel „Besorgnis über die Entwicklungen in der Republik Türkei“, der sich mit der Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu befasst, wurde mit den Stimmen der SPÖ, NEOS und FPÖ angenommen. Doch inmitten dieser Diskussion trat ein bemerkenswerter Umstand zutage: Zeitgleich wurde bekannt, dass fünf Bürgermeister aus der Türkei, die der AKP angehören, auf Einladung der Stadt Wien in die österreichische Hauptstadt reisen.
Laut Informationen des Wiener Büros der Union Internationaler Demokraten (UID), dem Auslandsarm der AKP, werden Halit Doğan (Bürgermeister von Samsun), Yusuf Alemdar (Bürgermeister von Sakarya) und Emrah Özdemir (Bürgermeister von Niğde) am Freitag, den 11. April 2025, in Wien erwartet. In den vergangenen Wochen hatten bereits Osman Gözan (Bürgermeister von Sarıkaya/Yozgat) und Evren Dinçer (Bürgermeister von Aksaray) an einem von der Stadt Wien organisierten Iftar-Empfang teilgenommen.
Die Stadt Wien erklärte, der Zweck dieser Besuche seien „technische Gespräche im Rahmen von modernem Abfallmanagement und nachhaltiger Entwicklungsstrategien“. Doch angesichts der bevorstehenden Wiener Landtagswahl am 27. April wirft die intensive Einladung von AKP-nahen Politikern Fragen in Bezug auf den Wahlkampf und die Diasporapolitik auf.
Der Antrag „Freiheit für İmamoğlu“: Ein Widerspruch im Schatten des Wortlauts
Der Wiener Gemeinderat verabschiedete am 26. März 2025 einen von SPÖ und NEOS eingebrachten Antrag mit dem Titel „Besorgnis über die Entwicklungen in der Republik Türkei“ als Reaktion auf die Inhaftierung von Ekrem İmamoğlu.
Ein Auszug aus dem Antrag: „Mit Besorgnis wird beobachtet, dass weltweit autoritäre Tendenzen zunehmen und in diesem Zusammenhang in die Zuständigkeiten von Städten und lokalen Verwaltungen eingegriffen wird.“
Ein zuvor von den Grünen und der ÖVP eingebrachter Antrag, der explizit die Formulierung „Freiheit für İmamoğlu“ enthielt, wurde von SPÖ und NEOS nicht unterstützt und scheiterte damit. SPÖ und NEOS übernahmen Passagen daraus, formulierten sie jedoch in abgeschwächter Form neu. So wurde der neue Antrag schließlich angenommen.
„SPÖ hat Antrag verwässert“ – Scharfe Kritik von Aslan
Berivan Aslan, Gemeinderätin der Grünen, erklärte gegenüber Der Virgül, sie habe den ursprünglichen Antrag selbst verfasst, dem auch die ÖVP zugestimmt habe. SPÖ und NEOS hätten den Antrag jedoch übernommen, abgeschwächt und schließlich in dieser Form durchgebracht.
Der Umstand, dass der neue Antrag ausschließlich über Der Virgül und die DV-Gruppe veröffentlicht wurde, löste insbesondere in den sozialen Medien Kritik an der SPÖ aus.
Dass die SPÖ trotz der Parteifreundschaft zur CHP einen Antrag unterstützte, in dem İmamoğlus Name nicht direkt genannt wurde, wurde vielfach als „unentschlossen“ und „wahlstrategisch motiviert“ kritisiert.
Diaspora-Taktik vor der Wien-Wahl?
In der türkischen Community Wiens stellen Menschen mit Wurzeln in Yozgat, Samsun und Sakarya einen großen Anteil. Dass Bürgermeister aus diesen Städten eingeladen wurden, scheint kein Zufall zu sein.
Angesichts möglicher Stimmenverluste der SPÖ werfen diese Einladungen über die UID die Frage nach einem möglichen SPÖ-UID-AKP-Bündnis auf. Dass einerseits ein Antrag zur kritischen Lage der Demokratie in der Türkei verabschiedet und andererseits die Repräsentanten jener politischen Entwicklung offiziell empfangen werden, wird in der Öffentlichkeit als widersprüchlich bewertet.
Strategie des Schweigens?
Der am 26. März verabschiedete Antrag wurde weder an die österreichische Presseagentur APA übermittelt noch über OTS verbreitet. Dies nährte den Eindruck, man habe versucht, die Verabschiedung des Antrags zurückhaltend zu kommunizieren – möglicherweise, um das politisch sensible Gleichgewicht gegenüber den mehrheitlich AKP-nahen Wähler*innen mit türkischem Migrationshintergrund nicht zu gefährden.
Die Tatsache, dass die Stadt Wien AKP-Bürgermeister empfängt und zugleich İmamoğlus Inhaftierung kritisiert, offenbart eine politisch motivierte Doppelmoral – ein weiteres Beispiel dafür, wie europäische Kommunalverwaltungen in migrantisch stark geprägten Regionen flexibel agieren.| ©DerVirgül