ATIB- und Diyanet-Escort-Skandal | Die Hintergründe

ATIB- und Diyanet-Escort-Skandal |  Die Hintergründe

Die Anschuldigungen gegen die Türkisch-Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich [ATIB] und die Diyanet erhitzen erneut die Gemüter.

Der Vorfall wurde erstmals am 9. Februar 2020 über einen Social-Media-Beitrag bekannt. Die Anschuldigung lautete: Zwei Bürokraten der Diyanet, namentlich F.M.K. und der später zurückbeorderte M.Ş., hätten in einem Hotelzimmer in Wien vier Escort-Damen bestellt und dort eine alkoholreiche Feier veranstaltet. Die Vorwürfe gingen noch weiter: Die Ausgaben für diese Aktivitäten sollen aus Spendengeldern der ATIB bezahlt worden sein.

ATIB dementierte damals gegenüber Der Virgül

Am selben Tag konfrontierte Der Virgül die damalige ATIB-Leitung mit den Vorwürfen. Diese bezeichnete die Anschuldigungen als “Verleumdung” und gab an, dass das Twitter-Konto “Ankara Kuşu”, das die Vorwürfe erhoben hatte, von FETÖ-Angehörigen geführt werde.

Der Betreiber des Accounts wurde am 17. Mai 2023 verhaftet und etwa ein Jahr später wieder freigelassen.

In einem Bericht von Der Virgül vom 7. September 2020 hieß es:

“Die Bürokraten F.M.K. und M.Ş., die in Wien für die Diyanet als Religionsberater tätig waren, wurden nach internen Ermittlungen entlassen. Ein Zeuge, der den Diyanet-Prüfern eine Aussage machte, beschuldigte beide Männer im Zusammenhang mit dem Escort-Skandal. Ein ranghoher Diyanet-Beamter kommentierte: „Beide wurden durch einen Beschluss des Disziplinarrats entlassen, aber der Escort-Vorwurf stimmt nicht.“”

Da die Vorfälle vermutlich 2019 stattfanden, blieb das Umfeld von ATIB damals auffallend still. Mangels Beweisen konnte die Untersuchung nicht weiter vertieft werden.

Die erste Erklärung von ATIB

Am 2. August 2025 veröffentlichte ATIB auf seinem offiziellen Social-Media-Kanal “ATIB Union” eine Stellungnahme, in der betont wurde, dass sich die Vorfälle nicht während der Amtszeit des aktuellen Vorstands ereignet hätten.

In der auf Deutsch und Türkisch veröffentlichten Erklärung wurde der Escort-Skandal indirekt eingeräumt. Wörtlich hieß es:

“ATIB weist die in den Medien geäußerte Behauptungen klar und deutlich zurück. Die genannten Anschuldigungen betreffen einen Zeitraum vor der Amtsübernahme des aktuellen Vorstands. Alle beteiligten Personen sind nicht mehr Teil von ATIB.

Der derzeitige Vorstand lehnt es entschieden ab, mit Vorkommnissen in Verbindung gebracht zu werden, für die er weder Verantwortung noch Zuständigkeit trägt. Aus diesem Grund ist es uns wichtig, volle Transparenz zu gewährleisten und bestehende Zweifel auszuräumen.

ATIB untersucht die Vorfälle intern mit größter Sorgfalt und steht in engem Kontakt mit den zuständigen Behörden, um eine vollständige und objektive Aufklärung sicherzustellen. Der Vorstand arbeitet mit Nachdruck daran, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu bewahren.

Zudem möchten wir klarstellen, dass ATIB ein unabhängiger und autonomer österreichischer Verein mit Sitz in Wien ist, der gemäß dem österreichischen Vereinsgesetz gegründet wurde.”

→ „Klicken Sie hier, um den Artikel von Der Virgül zum Thema vom 07.09.2020 zu lesen!“

Privatisierung von ATIB-eigenen Betrieben

Im Jahr 2024 wurde der gesamte Vorstand von ATIB sowie die von der Diyanet entsandten Funktionäre im Rahmen einer großen Sitzung ausgetauscht. Gleichzeitig wurden mehrere ATIB-nahe Unternehmen privatisiert.

Recherchen von Der Virgül legen nahe, dass diese tiefgreifenden Veränderungen vorgenommen wurden, um möglichen Korruptionsvorwürfen und internen Gerüchten vorzubeugen.

Die ATIB, der größte Dachverband der Türkei-stämmigen in Österreich, wird angesichts dieser Entwicklungen wohl noch längere Zeit im Fokus der öffentlichen Diskussion bleiben.

→ AKTUALISIERUNG: 03.08.2025

ATIB änderte seine Stellungnahme nach dem Bericht von Der Virgül: Der Versuch, unsere Berichterstattung ins Leere laufen zu lassen

Die Türkisch-Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich [ATIB] hat ihre offizielle Stellungnahme still und leise geändert, nachdem Der Virgül am 2. August 2025 den Bericht mit dem Titel “Die Hintergründe des ‘Escort-Skandals’ rund um ATIB und Diyanet” veröffentlicht hatte.

In der ursprünglichen Erklärung betonte der amtierende Vorstand, dass sich die Vorfälle nicht während seiner Amtszeit ereignet hätten. Damit wurde der Skandal indirekt eingeräumt, jedoch gleichzeitig jegliche Verantwortung von sich gewiesen.

Nur etwa eine Stunde nach der Veröffentlichung des Artikels von Der Virgül wurde auf dem offiziellen Social-Media-Kanal von ATIB eine neue Version der Erklärung veröffentlicht. In der überarbeiteten Fassung wurde die bisherige ambivalente Haltung durch eine klare Ablehnung sämtlicher Vorwürfe ersetzt.

Auffällig: Die neue Erklärung wurde an mediennahe Kanäle von ATIB weitergeleitet – jedoch nicht an Der Virgül.

Dieses Vorgehen wird als Versuch gewertet, die Wirkung der Berichterstattung von Der Virgül abzuschwächen. Die ursprüngliche Erklärung wurde zudem aus den sozialen Netzwerken entfernt – als wolle man die früheren Aussagen in Vergessenheit geraten lassen.

Hier die gelöschte Erklärung:

“ÖFFENTLICHE BEKANNTMACHUNG ATIB [Türkisch-Islamische Union in Österreich] weist die unbegründeten Behauptungen und Verleumdungen, die in den sozialen Medien verbreitet werden, klar und eindeutig zurück. Wir betrachten es als eine absichtliche und böswillige Vorgehensweise, dass ein Thema, über das bereits vor Jahren Gerüchte im Umlauf waren, heute erneut aufgegriffen wird. Als ATIB geben wir der Öffentlichkeit bekannt, dass wir alle unsere rechtlichen Mittel gegen die Verbreitung falscher und irreführender Informationen ausschöpfen werden.”| ©DerVirgül

Yayınlama: 03.08.2025
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