Pensionsaliquotierung wird ausgesetzt

Die Bundesregierung setzt die Regelung der gestaffelten ersten Pensionsanpassung nach dem Pensionsantritt – die Aliquotierung – für zwei Jahre aus. Das gaben Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) und ÖVP-Klubobmann August Wöginger am Mittwoch nach der Ministerratssitzung bekannt.

Pensionsaliquotierung wird ausgesetzt

Als Grund wird vor allem die hohe Inflation angeführt, die auch die Pensionistinnen und Pensionisten sehr belaste. Man stelle jetzt sicher, dass die Seniorinnen und Senioren die volle Erhöhung erhalten, hieß es in einer Presseunterlage.

Vor allem die SPÖ, die Gewerkschaft und auch der Seniorenrat verlangen schon seit Längerem eine Abschaffung dieser Regelung. Die SPÖ hatte zuletzt eine Verfassungsklage angekündigt und für die Nationalratssitzung am Mittwoch einen Dringlichen Antrag eingebracht. Hinfällig sei der anders als von Wöginger eingeschätzt allerdings nicht, so die SPÖ: Man fordere nicht nur eine Aussetzung für zwei Jahre, sondern eine komplette Abschaffung der Aliquotierung, so SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner in einer Aussendung.

Späterer Pensionsantritt soll kein Nachteil mehr sein
Die Aliquotierung bringt es mit sich, dass man im ersten Jahr nach dem Pensionsantritt nur dann die volle Erhöhung bekommt, wenn man bereits im Jänner den Ruhestand beginnt. Von Monat zu Monat wird sonst das Plus weniger: Liegt der Pensionsantritt im Februar, dann wird die Pensionserhöhung nicht zur Gänze, sondern nur zu 90 Prozent angerechnet, im März zu 80 Prozent etc. Wer im November oder Dezember geht, bekommt im ersten Jahr gar keine Erhöhung.

Allein heuer rund 100.000 betroffen
Da die erste Pensionszahlung auch die Grundlage für künftige Erhöhungen ist, wirke sich die Aliquotierungsregelung bei einer sehr hohen Inflation langfristig besonders negativ aus, hieß es seitens der Regierung. Heuer gehen rund 100.000 Menschen in Österreich in Pension. Für sie hätte die hohe Inflation eine „deutliche Schlechterstellung“ gebracht.

Das Sozialministerium rechnet laut Presseerklärung aufgrund der aktuellen Inflation auch für das kommende Jahr mit einer hohen Pensionserhöhung. Sie berechnet sich aus der durchschnittlichen Inflationsrate im Zeitraum August bis Juli und wird für die kommende Periode auf neun, zehn Prozent geschätzt. „Das ist eine ganz andere Ausgangslage als während der letzten Jahrzehnte“, ergänzte Wöginger.

Auch 2024 überdurchschnittliche Inflation erwartet
Für 2024 deuten die aktuellen Wirtschaftsprognosen darauf hin, dass die Inflation wieder überdurchschnittlich hoch sein wird. „Deshalb wird die Aliquotierungsregelung nun für zwei Jahre ganz ausgesetzt. Rund 200.000 Personen, die in den kommenden beiden Jahren ihre Pension antreten, erhalten so die volle Pensionserhöhung – unabhängig davon, in welchem Monat sie in Pension gehen“, so das Ministerium.

„Wir haben das Motto ‚Hilfe für alle, die sie wirklich brauchen‘“, sagte Rauch. In Zeiten der hohen Inflation seien das „natürlich auch die Pensionisten und Pensionistinnen“. Besonders profitieren werden Frauen von der Neuregelung: Sie können aufgrund der schrittweisen Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters ab 2024 erst im zweiten Halbjahr in Pension gehen und hätten durch die Aliquotierung besonders große Nachteile gehabt.

Die Aussetzung der gesetzlichen Aliquotierung erfolgt durch eine Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), die diese Woche im Nationalrat von den Regierungsparteien beschlossen werden soll. Bereits im vergangenen Herbst hatte die Bundesregierung eine Sonderregelung beschlossen: Alle Personen, die 2022 ihre Pension antraten, erhielten mindestens die halbe Pensionserhöhung.

Pensionistenvertretungen fordern dauerhafte Abschaffung
Als „wichtigen Schritt” bezeichnete ÖVP-Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec die Entscheidung des Ministerrats. „Besonders für Frauen ist die Aussetzung der Aliquotierung eine gute Nachricht“, so Korosec. Die Aliquotierung der ersten Anpassung hätte sie besonders getroffen. Langfristig müsse das Ziel aber die dauerhafte Abschaffung der Aliquotierung sein. „Dafür werde ich mich mit dem Österreichischen Seniorenrat weiterhin einsetzen, genauso wie für die rückwirkende Aufhebung der Aliquotierung.“

Der SPÖ-Pensionistenverband (PVÖ) bezeichnete die „Zweijahrespause“ als “zu wenig. Die Aliquotierung müsse sofort, rückwirkend und dauerhaft abgeschafft werden, so PVÖ-Präsident Peter Kostelka.

ÖGB und Arbeiterkammer sehen Teilerfolg
Es werde nun eine „inakzeptable Ungerechtigkeit“ abgeschafft, kommentierte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian in einer Aussendung das Einlenken der Bundesregierung. „Unser Druck hat sich ausgezahlt“, so Katzian. Auch wenn die Inflation in Zukunft hoffentlich sinken werde, ist es wichtig, die zwei Jahre des Aussetzens zur Erarbeitung einer fairen, nachhaltigen Lösung zu nützen, so der ÖGB-Präsident, der gleichzeitig anbot, die Expertise der Gewerkschaften einzubringen.

Auch Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl befürwortete die Aussetzung der Pensionsaliquotierung, „um die Wertsicherung der Pensionen für die nächsten beiden Jahre zu gewährleisten“. Ein Wermutstropfen sei allerdings die Beschränkung auf zwei Jahre. Weiters muss laut Anderl die Pensionsanpassung für 2023 korrigiert werden. Auch hier gebühre die volle Anpassung der Pensionen im Ausmaß von 5,8 Prozent, forderte die AK-Präsidentin.

SPÖ für Aufheben statt Aussetzen
Wie Rendi-Wagner wertete auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) die Ankündigung als Erfolg für die SPÖ. Auch er forderte in seiner Aussendung eine unbefristete Aussetzung der Aliquotierung. „Eine dermaßen himmelschreiende Ungerechtigkeit jetzt abzuschaffen, um sie dann nach einiger Zeit den Menschen wieder aufzuzwingen, dafür fehlt mir jedes Verständnis.“ Allein diese Ankündigung zeige, wie sehr es eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung braucht.

Anders sah das NEOS: „Die Regierungsparteien haben es tatsächlich geschafft, die Regelung noch schlechter zu machen, als sie bereits war“, wurde deren Sozialsprecher Gerald Loacker in einer Aussendung am Mittwoch zitiert. NEOS fordere ein „System wie vor 2018, bei dem jeder zusätzliche Arbeitsmonat zu einer höheren Pension geführt hat. Jetzt ist es völlig gleichgültig, ob man länger arbeitet oder nicht.“|ORF.at/Agenturen

Yayınlama: 29.03.2023
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